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Vereine zwischen Hygienekonzept & digitalen Angeboten

Außerschulische Anlaufstellen für Hochbegabte und ihre Familien

Datum

02/2021

 

Einblick in die Arbeit von Hochbegabtenvereinen während Corona:

Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGHK), Mensa in Deutschland (MinD) und Myndun

 

Schulen und Kitas bleiben weiterhin geschlossen - und die Bedürfnisse besonders Begabter rücken vielfach weiter in den Hintergrund. Mit ihrem Einsatz leisten Vereine einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Belange hochbegabter Kinder und Jugendlicher, über das System Schule hinaus, gesehen und berücksichtigt werden. Seit 2020 erfordert die Pandemie Vereinen ein besonderes Maß an Engagement und Kreativität ab, um ihre Angebote weiter aufrecht zu erhalten. Aber es zeigt sich: Vereine sind auch weiterhin wichtige Partner für hochbegabte Kinder und ihre Familien!

Dr. Wiebke Evers, Psychologin und Projektleiterin im Ressort Beratung der Karg-Stiftung, hat im Januar 2021 den Austausch mit Vertreterinnen von drei Hochbegabten-Vereinen gesucht, um mehr über deren Arbeit und Angebote während der Pandemie zu erfahren:

 


Auftrag und Angebote von Vereinen unter Corona-Bedingungen - wie sieht das aus? 

Deutschlandweit setzen sich verschiedene große und kleine Vereine für Hochbegabte und deren Förderung ein. Sie sind eine wichtige Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Hochbegabung informieren und beraten lassen möchten. Auch unter Corona tun sie ihr Möglichstes, um zumindest die virtuelle Tür weiterhin offen zu halten.

Anlaufstellen für Beratung
Während der Pandemie kommen in vielen Familien neue Fragen zur Beschulung und Förderung ihres hochbegabten Kindes auf. Sowohl bei Mensa in Deutschland e.V. (MinD) als auch bei der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) finden Eltern und Familien bei individuellen Anliegen weiterhin Hilfe, telefonisch oder per E-Mail. Die Beratenden sind oft selbst hochbegabt oder Eltern hochbegabter Kinder. „So kann der Austausch mit Eltern auf Augenhöhe stattfinden. Gute Ideen und mögliche Lösungen werden moderiert weitergegeben und die Eltern fühlen sich weniger alleingelassen“, sagt Martina Rosenboom (DGhK).

Einladung zum Austausch
Nach dem Motto „digital oder draußen“ bieten die Vereine weiterhin an, was möglich ist. Angebote wie die regional organisierten Elternstammtische werden ins Netz verlegt, um Eltern weiterhin die Möglichkeit zum Austausch zu bieten. Der Bedarf danach ist auch unter Corona unverändert hoch. In den regionalen Gruppen können Eltern Themen besprechen, die in anderen Kreisen unter Umständen auf Unverständnis stoßen würden. Dies können besondere Schlafgewohnheiten der Kinder, schulische Dinge oder auch außergewöhnliche Interessen der Kinder sein, so Alexandra Beran (MinD).

Außerschulische Angebote
Mit Schließung der Schulen und Freizeiteinrichtungen sind Familien vor die Herausforderung gestellt, ihr hochbegabtes Kind zu Hause zu beschulen bzw. zu betreuen. Die Nachfrage nach guten Angeboten für Kinder aller Altersstufen ist also besonders hoch. Vereine tun ihr Möglichstes und haben in kürzester Zeit Lösungen für ihre Zielgruppe erarbeitet, um auf die neuen Bedarfe wie Hausaufgaben-Betreuung und Lerngruppen einzugehen. Dr. Birgit Wegerich-Bauer (Myndun): Wichtig ist nicht nur, dass Kindern Angebote gemacht werden, die ihren Interessen und ihren Fähigkeiten entsprechen, sondern auch, dass sie Möglichkeiten zum Austausch und Spiel mit gleichaltrigen Hochbegabten haben.

Nicht alle diese Angebote können digital so leicht umgesetzt werden. Zum einen verfügen nicht alle Kinder und Jugendliche über die technische Ausstattung und zum anderen machen komplexe Fragen des Datenschutzes der einen oder anderen Idee einen Strich durch die Rechnung. In unserer regionalen Arbeit haben wir mit widersprüchlichen Anforderungen an die Vernetzung der Kinder zu tun: Die Pflicht zu Datenschutz und Anonymisierung auf der einen Seite, der Wunsch nach persönlichen Kontakten auf der anderenberichtet Martina Rosenboom (DGhK).

Was die Pandemie für hochbegabte Kinder und Jugendliche bedeutet:
Wie geht es ihnen? Was brauchen sie? und was fehlt ihnen?

Die Vereine haben sich auf die Suche nach Antworten begeben, um mehr über die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe in diesen außergewöhnlichen Zeiten zu erfahren. Durch ihren engen Kontakt und eigens konzipierte Befragungen erhielten Myndun und die DGhK einen zwar nicht repräsentativen, aber dennoch wichtigen Einblick, wie Hochbegabte und ihre Familien die Corona-Krise erleben und was sie in Zeiten von Corona, aber auch darüber hinaus, brauchen.

Myndun startete mit dem Aussetzen der Präsenzpflicht in Schulen auf seiner Webseite eine  Befragung, an der sich 117 Eltern und Kinder beteiligten. Auch Silvera Schmider, Leiterin der Elterngruppe der DGhK in Günzburg/Neu-Ulm und Ostallgäu, befragte Kinder und Eltern ihrer Gruppe nach ihren Eindrücken und erhielt von 23 Familien mit über 50 Kindern und Jugendlichen aller Altersklassen Auskunft (Labyrinth 143, Sept. 2020, S. 32f).

Mehr Autonomie im Homeschooling
Es zeigte sich, dass die Erfahrungen in der Pandemie individuell sehr unterschiedlich sind. Bezüglich des Fernunterrichts zeichneten die meisten Befragten ein positives Bild. Den meisten Schülerinnen und Schülern kam das autodidaktische selbstbestimmte Lernen entgegen und die Eltern berichteten von gesteigerter Lernmotivation und besserer Arbeitsqualität, berichtet Dr. Birgit Wegerich-Bauer (Myndun). Der Lernstoff wird nicht wie in der Klasse mehrfach wiederholt und die schnellere Auffassungsgabe der Kinder resultiert in kürzeren Lernzeiten. Das wirft die Frage auf, wie diese Vorteile des Homeschoolings Hochbegabten auch im Präsenzunterricht zu teil werden können.

Fähigkeit zu selbstreguliertem Lernen
Anderen Kindern wiederum sei es schwergefallen, den Wegfall der Lehrkraft und der vertrauten Strukturen im Homeschooling auszugleichen. Sie hätten sich engeren Kontakt zur Lehrkraft gewünscht und empfanden den Mangel an Begleitung und Rückmeldung als demotivierend. Hier zeigt sich, dass auch hochbegabte Schülerinnen und Schüler die Fähigkeit zum eigenständigen und selbstregulierten Lernen erlernen müssen und nicht automatisch darüber verfügen.

Bedürfnis nach sozialer Integration
Die Eindrücke aus Gesprächen und Befragungen brachten auch zu Tage, dass nicht alle der Befragten gut in der Schule integriert sind und daher auch langfristig Schule zu Hause bevorzugen würden. Alexandra Beran (MinD e.V.): Für die Kinder, die sich in der Schule nicht wohl fühlen, weil sie vielleicht ausgegrenzt oder gar gemobbt werden, ist das Homeschooling sicherlich eine angenehme Zeit. Hier stoßen auch Vereine in ihrem Handlungsbereich an Grenzen. Sie können zwar außerhalb des Bildungssystems Kindern wichtige Kontakte zu gleichaltrigen Hochbegabten vermitteln, die soziale Integration in der Klassengemeinschaft kann jedoch nur in Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Lehrkraft gelingen.


Lock-down 2021: Wie geht's weiter?

Neuere Befragungen von Familien mit hochbegabten Kindern zeichnen ein nicht mehr ganz so rosiges Bild vom Fernunterricht. Es gibt Hinweise darauf, dass die Motivation der Schülerinnen und Schüler unter der andauernden Pandemie mittlerweile spürbar gelitten hat. Auch wenn sie die Schulaufgaben weiterhin häufig ohne größere Probleme und schneller als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler bewältigen, fühlen sich Kinder wie Familien von der anhaltenden Situation spürbar belasteter als noch im Frühjahr 2020.

Die Vereine sind ungebrochen danach bestrebt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten hochbegabten Kindern und ihren Familien verlässliche Partner zu sein. Oberstes Ziel dabei ist, den Kontakt aufrecht zu halten. Weiterhin beantworten wir Elternanfragen so zeitnah wie möglich, sei es per Mail oder telefonisch. Durch unsere Onlineangebote halten wir den Kontakt zu Mitgliedern und Interessierten, bekräftigt Alexandra Beran (MinD).

Den Wegfall vieler Freizeitaktivitäten auszugleichen und Hochbegabten sozialen Austausch zu ermöglichen, bleibt eine zentrale Aufgabe. Mit dem verstärkten Ausbau digitaler Angebote wollen Vereine diesem Bedarf entgegen wirken. In der Vergangenheit konnten Kinderkurse, Ferienakademien, Familienfreizeiten und Spieletreffen regional viele Kontakte anbahnen. Hier sind weiter kreative Lösungen gefragt und die Erwartungen an die DGhK-Ansprechpartner/innen vor Ort sind spürbar, so Martina Rosenboom (DGhK). Und Frau Dr. Wegerich-Bauer gibt einen Ausblick auf die Pläne von Myndun: Wir möchten unser online-Angebot weiter ausbauen und Formate wie den virtuellen Co-Learning-Space ausbauen, um die schwierige Zeit für Schülerinnen und Schüler einerseits und für Eltern in der Betreuungssituation andererseits überwinden zu helfen.

Das Gespräch mit den Vertreterinnen der DGhK, von MinD und Myndun machte deutlich, wie wichtig der Einsatz ihrer Vereine für Hochbegabte ist. Sie bleiben starke Partner - auch in herausfordernden Zeiten.

Wir danken Frau Beran, Frau Rosenboom und Frau Dr. Wegerich-Bauer herzlich für das Gespräch - und wünschen Ihnen für Ihre Arbeit weiterhin viel Erfolg, Ausdauer und Freude! 

 

ZU DEN HOCHBEGABTEN-VEREINEN:


Vereine sind eine wichtige Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Hochbegabung informieren und beraten lassen möchten. Sie bieten Hochbegabten und ihren Familien Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu treten und sich auszutauschen, ihre Erfahrungen zu teilen und sich Rat zu holen. Hochbegabte Kinder und Jugendliche können interessante Aktivitäten für sich entdecken und andere Hochbegabte kennenlernen.

Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK)
Die DGhK setzt sich seit 1978 mit dem übergeordneten Bundesverein und insgesamt vierzehn Regionalvereinen deutschlandweit für die Förderung hochbegabter Kinder und Jugendlicher ein. Der gemeinnützige Verein ist Herausgeber der Zeitschrift  Labyrinth.

Mensa in Deutschland e.V. (MinD)  
Mensa e.V. ist der weltweit größte Verein für Menschen mit einem IQ ab 130. Mensa in Deutschland e.V. (MinD) zählt mehr als 15.000 Mitgliedern aus allen Altersgruppen. Mensa Kids & Juniors  bietet seinen rund 1.000 Mitgliedern unter 18 Jahren Bildungsveranstaltungen und eine Plattform, um sich kennenzulernen und auszutauschen.

Myndun e.V.
Der noch junge Verein ist ein Zentrum für Beratung, Begegnung und Veranstaltungen. Myndun bietet virtuell sowie an seinem Standort in Bad Kreuznach ein vielfältiges Angebot für Kinder, Jugendliche und Eltern und am Thema interessierte Erwachsene. Bei der derzeit täglich stattfindenden  virtuellen Teeküche  können Interessierte den Verein kennenlernen und sich austauschen.

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Aktivitäten

  • Karg Aktivitäten

    Mit unseren Angeboten zur verbesserten Information und Qualifizierung von Kita, Schule und Beratungsstellen bringen wir das Bildungssystem in der Begabtenförderung voran: Karg Campus, Karg Impulskreise, Karg Partner Projekte, Karg Fachmedien.

  • Karg Fachmedien

    Unsere Publikationen bieten Grundlagen- und Professionswissen zum Thema Hochbegabung und orientieren in der Begabtenförderung.

  • Karg Campus

    Unser Qualifizierungskonzept ermöglicht Kitas, Schulen und Beratungsstellen die Entwicklung in der Begabtenförderung. Die Karg Campus Projekte schaffen in den Bundesländern nachhaltige Angebote und Strukturen zur Förderung Hochbegabter.

  • Karg Impulskreise

    Unsere interaktive Fortbildungsmethode orientiert pädagogische und psychologische Fachkräfte im Finden und Fördern Hochbegabter. Wir bilden Moderator:innen aus, die in den landeseigenen Fortbildungssystemen vieler Bundesländer Grundlagenwissen der Begabtenförderung vermitteln.

  • Karg Partner

    In Modellprojekten finden wir mit unseren Partnern in Bildungspraxis und -wissenschaft Antworten auf Zukunftsfragen in der Begabtenförderung.

  • Karg Wissenschaft

    Mit der Karg Wissenschaftsförderung generieren wir Erkenntnisse zu Schlüsselfragen der Begabtenförderung, die bisher für Forschung und Praxis unzureichend erschlossen sind. 

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